Herr Mehnert, Sie haben in Luckenwalde Am Nuthefließ eine Praxis gegründet. Wie kam es dazu und mit wem arbeiten Sie zusammen?

Mehnert: Während meiner sechsjährigen Tätigkeit als Zahnarzt an der Berliner Charité, in der Abteilung für Prothetik, wurde mir schnell klar, dass ich wie meine Eltern eine eigene Niederlassung anstrebe. Dadurch war mir auch bewusst, dass es in der heutigen Zeit sinnvoll ist, eine größere Praxis zu übernehmen und keine Neugründung anzustreben. So besteht immer die Möglichkeit, das Behandlungsspektrum zu erweitern oder mit mehreren Kollegen zusammenzuarbeiten. Auf meiner insgesamt dreijährigen Suche nach einem geeigneten Objekt in Berlin und Umgebung bin ich auf die jetzige Praxis aufmerksam geworden. Dabei hat es sich auch ergeben, dass die bereits angestellte Zahnärztin, Frau Inessa Belkovich, mit uns zusammenarbeiten wollte. Zusätzlich ist meine zukünftige Frau, Dr. Isabell Kastner, mit in der Praxis tätig. So haben wir das Glück, zu dritt zu arbeiten und können uns untereinander austauschen. Gleichzeitig bietet es den Vorteil, dass die Praxis immer geöffnet ist und wir ganztags Termine anbieten können.

Dr. Kastner: Wir haben die Praxis am 1. April 2021 eröffnet und bereits im Vorfeld relativ einfach Personal gefunden. Das gesamte Team war innerhalb von zwei Monaten startbereit. Gleichzeitig hatten wir das Glück, den gesamten Patientenstamm mit zu übernehmen, da Frau Belkovich sozusagen die Stellung gehalten hat, nachdem die Vorbesitzer altersbedingt aufhören wollten.

Wie passen Ihre beruflichen Profile zueinander?

Dr. Kastner: Unsere Profile passen dahingehend zusammen, dass sie sich ergänzen. Wir arbeiten alle auf dem Gebiet der allgemeinen Zahnmedizin, wobei Herr Mehnert vorwiegend auf dem Gebiet der Prothetik, ich auf dem Gebiet der Endodontie und Frau Belkovich in erster Linie konservierend tätig ist.

Mehnert: Durch meine Arbeit an der Charité und durch die Selbstständigkeit meiner Eltern habe ich einen ersten Einblick erhalten, wie wichtig es zwischenzeitlich ist, mit anderen zusammenzuarbeiten. Dadurch wird es einfacher, Entscheidungen zu treffen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. So habe ich es auch geschafft, die Übernahme innerhalb von zwei Monaten zu meistern.

Was verbindet Sie mit der Region um Luckenwalde?

Dr. Kastner: Ich bin in Luckenwalde aufgewachsen. Meine gesamte Familie lebt hier und wir kennen sehr viele Bewohner dieser Stadt. Es ist sozusagen meine Heimat. Meine Mutter arbeitet zwischenzeitlich sogar als Berufsfremde mit viel Freude und Engagement an der Rezeption mit. Herr Mehnert und ich, wir haben uns in Berlin beim Studium an der Charité kennen gelernt. Ursprünglich ist er in Dresden geboren und hat seine Kindheit und Jugend in Heidelberg verbracht.

Wollten Sie schon immer Zahnärztin in eigener Praxis werden und warum haben Sie Zahnmedizin studiert?

Dr. Kastner: In der ersten Klasse habe ich meiner Lehrerin erzählt, dass ich Zahnärztin werden wollte.

Das Studium war anstrengend und die Anforderungen sehr hoch. Die Uni ist nicht zu theoretisch, aber so richtig gut vorbereitet gefühlt habe ich mich nicht. Handwerkliche Begabung hilft. Auf die Selbständigkeit wird man gar nicht vorbereitet. Ich habe zum Glück während meiner Assistenzzeit viel über Abrechnungsfragen und Praxisorganisation gelernt. Das Verständnis, was das bedeutet, hat sich erhöht. Das sollte Teil des Curriculums für junge Zahnärzte sein.

Haben Sie sich vor der Praxisgründung beraten lassen? Wo haben Sie Hilfe gefunden?

Dr. Kastner: Ohne Betreuung stelle ich mir das schwierig vor. Ohne unsere Praxisvermittlerin wären wir sicherlich in dieser kurzen Zeit nicht so weit gekommen. Sie hat uns komplett betreut und in Versicherungs- und Finanzfragen beraten. Mit ihr haben wir einen Fotografen gefunden, sofort unsere Homepage erstellt und Visitenkarten besorgt. Durch sie hatten wir eine perfekte und kompetente Beratung zur Seite.

Gab es Sorgen oder Befürchtungen vor diesem Schritt?

Dr. Kastner: Meine größte Sorge galt der Personalzusammensetzung. Zwei Mitarbeiterinnen hatten gekündigt, so dass wir das Personal zwar gern übernommen hätten, aber die Möglichkeit nicht gegeben war. Zuvor hat man sich als angestellter Zahnarzt – ich hatte bisher in Potsdam gearbeitet – nicht mit derartigen Dingen beschäftigt.

Mehnert: Meine Mutter ist Zahnärztin in der Nähe von Heidelberg und mein Vater MKG Chirurg in Köln. Da lag es bei mir sozusagen in der Familie bzw. wurde mir in die Wiege gelegt. Aus diesem Grund haben wir immer genug Rückhalt und Unterstützung.

Konnten Sie einen Patientenstamm übernehmen? Wie wichtig sind Webauftritt und das Internet für die Gewinnung von neuen Patienten für Sie?

Dr. Kastner: Unser großes Glück war die Übernahme der Praxis im Gegensatz zu einer Neugründung. Auch die Überbrückungsarbeit von Frau Belkovich, unserer angestellten Zahnärztin, war ein wichtiger Schritt, dass die Patienten nicht in andere Praxen abgewandert sind.

Gleichzeitig erschien ein Journalist von der Lokalzeitung kurz vor der Praxiseröffnung, um über die Praxisübergabe zu berichten. So kamen nach und nach immer mehr Patienten und fragten nach einem Termin.

Für uns spielt in dieser Kleinstadt eher die Mundpropaganda eine wichtige Rolle. Dennoch ist ein Praxisauftritt ohne Internetpräsenz für uns nicht denkbar. Wir haben uns in vielen Fort- und Weiterbildungen unser derzeitiges Wissen angeeignet, so dass es nur über die Werbemedien möglich ist, interessierte Patienten darüber schnell und präzise zu informieren. Allerdings sind uns Auftritte auf Facebook und Instagram zu zeitaufwändig. Wir hoffen eher dass sich unsere Praxis in Luckenwalde aufgrund unserer Arbeit etablieren wird.

War es schwierig Mitarbeiterinnen in der Region zu gewinnen?

Zu unserer großen Überraschung – Nein. Allerdings ist dazu zu sagen, dass wir in der Region sehr gut vernetzt sind und sich somit schnell herumgesprochen hat, dass wir ein neues Team aufbauen. Auch sind uns ja unsere Technikerin und die angestellte Zahnärztin treu geblieben. Ich denke, in einer Großstadt gestaltet sich die Suche nach geeigneten Mitarbeitern schwieriger.

Was sind Ihre weiteren Pläne für die Zukunft?

Mehnert: Nach der Startphase kommt immer die Ernüchterung. So weiß ich jetzt, was alles fehlt bzw. noch verändert im Sinne von modernisiert werden müsste. Aber eben alles nach und nach. Zwischenzeitlich haben wir schon ein Mikroskop und ein Cerec Gerät mit Fräsmaschine und Brennofen angeschafft. Auch ist es meine Idee, aufgrund der Fläche von 300 qm, noch ein weiteres Zimmer, je nach Auslastung zu gestalten. So hoffe ich, dass wir Schritt für Schritt modernisieren können, um aus alt neu zu machen. Bisher haben wir den Schritt, aus Berlin raus aufs Land zu gehen, nicht bereut. Obwohl wir täglich von Wilmersdorf nach Luckenwalde pendeln hat es sich gelohnt, macht viel Freude und bleibt spannend.

Was würden Sie anderen raten?

Mehnert: Ich kann nur jedem empfehlen, nach dem Studium erst einmal bei erfahrenen, niedergelassenen Kollegen mitzuarbeiten. So lernt man die Tücken der Selbstständigkeit und der Mitarbeiterführung sowie den Bürokratismus. Nach zwei bis drei Jahren ist man dann in der Lage, von dem Gelernten zu profitieren. Dazu gehört aber auch eine gewisse Risikobereitschaft und natürlich Mut, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

Wir haben es bis jetzt nicht bereut.

Interview: Volker Heitkamp, KZVLB